Ist der Duft des Flieders morgens intensiver als am Abend? Mir kommt es fast so vor, als ich am Küchentisch sitze und meinen Kaffee trinke.
Ich schreibe den Artikel über das Nähen der Fränkischen Tracht fertig und suche die passenden Bilder aus. Das dauert eine Weile, weil ich meine Bilderordner mal wieder sortieren müsste.

Die Lieblingshausziege freut sich über ihre selbstgenähte Tracht. Wer sagt denn, dass diese altmodisch sein muss?
Weil anschließend Zeit und nichts dringendes zu tun ist, überrede ich den Mitbewohner – der ja heute ohnehin einen Termin in Fürth hat – mit mir eben nach Fürth zu fahren. Das machen wir prompt und essen bei einem Vietnamesen: Er wählt eine traditionelle Rindfleischsuppe mit Nudeln, ich bevorzuge die Sommerrollen mit Spargel. Als ich später noch einmal dort vorbeikomme, sieht es ganz leer aus.
In den achtziger Jahren hatte Fürth mit 70 Prozent die höchste Ausländerquote in Deutschland, erzählt der Mitbewohner, während wir essen. Mancherorts wurden verrufene Ortsteile einfach „Klein-Fürth“ im Volksmund genannt. Selbst die Fürther redeten schlecht über ihre Stadt, sie fühlten sich hier nicht mehr wohl.
Ich habe etwa anderthalb Stunden Zeit und strolche durch die Fürther Fußgängerzone. Einige Monumentalbauten stehen leer. Sowas sieht natürlich nicht schön aus, das sähe es auch nicht, wenn die Sonne vom Himmel lachen würde.
Es gibt viele Telefonläden, 1-Euro-Shops, Back-Werk und andere Ketten, alles wirkt billig, ist billig. Hier macht es den Menschen nichts aus, wie sie auf der Straße herumlaufen, es guckt sowieso keiner. Eine Filiale von Western Union, Gold-Ankauf. Erstaunlich viele Menschen rauchen auf der Straße, im Gehen oder vor einem Laden. Viele Frauen tragen Kopftuch, telefonieren unterwegs.
Von den Schildern lasse ich mich zum jüdischen Museum Franken locken. Weil ein Bauzaun einen großen Teil des Gebäudes absperrt, habe ich es fast übersehen.
Die Tür wirkt wie der Eingang zu einem Tresor, ich bin verwundert, dass sie sich tatsächlich einfach öffnen lässt.
Innendrin gibt es eine Menge über die lange jüdische Geschichte in Franken zu sehen, alle Einzelheiten wären jetzt zu viel.
Da das Haus einem jüdischen Handwerker gehörte, führt eine Treppe nach unten zur Mikwe (die gerade nicht besichtigt werden konnte, des Anbaues wegen).
Oben im Dach gab es eine Stelle, an der sich das Dach richtig öffnen ließ, so dass die jüdischen Bewohner des Hauses während des Laubhüttenfestes in der kleinen Kammer darunter wohnen konnten: Unter freiem Himmel und nur von Laubzweigen bedeckt.
Ein Modell der ehemaligen Fürther Synagoge stand auch im Museum.
Ich gehe zurück zum Treffpunkt: Kurz vor dem Rathaus steht ein schiefer Turm, ein Denkmal. Laut Beschreibung soll es eine Quintessenz sein: Hier treffen sich fünf Straßen und „fünf“ heißt „quintus“ auf Lateinisch. Nunja. Das muss ich mir später vielleicht noch einmal genauer angucken. Erstmal fahren wir wieder nach Hause.
Das sind meine 12 Bilder vom 12. Mai, die anderen gibt es bei: Draußen nur Kännchen.