Über Jaelle Katz

Ich? Über mich?

AugenBlicke – Richtungswechsel

Im Erteilen schlecht gemeinter Ratschläge sind manche Menschen Meister. Meinen sie es gut, und sind es sozusagen gute Vertraute, ist es fast noch schlimmer, dann kann man ihnen noch nicht einmal ganz herzhaft „Halt’s Maul“ sagen.

Immer dann, wenn andere besser wissen, was ich machen sollte, müsste, könnte, setzt bei mir automatisch ein: „jetzt erst recht“ ein. Das macht es nicht zwingend besser, vor allem dann nicht, wenn das Gegenüber doch mal Recht haben sollte. Was hilft, ist Abwarten. Tee trinken. Oder, wie die Schwiegermutter selig sagte: „das mendelt sich aus“.

Immerhin hat sich gegen Mittag der Regen verzogen, die Sonne scheint und selbstredend hätte ich meckern können, dass ich damit die Fenster auf der Westseite nicht putzen konnte. Mache ich aber nicht. Stattdessen habe ich mich auf die Terrasse gesetzt und das von A. empfohlene Buch „juristische Weltkunde“ gelesen, ein Buch, in dem Entwicklung und Struktur des juristischen Herrschaftswissens verständlich  dargelegt wird. Sehr nett.

Was heute gut war:

  • Katzmatz ist wieder gesund. Seit Samstag braucht sie keine Antibiotika mehr, heute war Kontrolluntersuchung und die Tierärztin sehr zufrieden.
  • Die vermutlich letzten frischen Erdbeeren in diesem Jahr gegessen. Reif, saftig und sehr lecker.
  • Rezept ist online: Kuchen wie Karibik

Rites de passage – Irrwege

Vertreibung, Verirrung: Manchmal denke ich, die Welt ist aus den Fugen geraten. Ich irre zwischen schiefen Wänden umher und muss aufpassen, dass ich mein Gleichgewicht nicht verliere.

Langsam entfaltet sich ein Muster.

Ein Wettbewerb über die schlimmsten Ereignisse in der Kindheit führt nicht automatisch zu Vertrauen.

Es gibt keine äußere Wahrheit. Sie ist immer innen, hängt von dem ab, was ich denke, fühle, wie ich die Welt sehe und bewerte. Die Suchmaschinen möchten jedoch die Wahrheit pachten, sammeln Daten und Informationen, wollen daraus eine allgemein gültige Wahrheit schaffen. Gegen Fakten lässt sich doch nichts einwenden, oder?

Ein Unbehagen bleibt. Ich bin weder vorhersehbar, noch berechenbar. Menschen sind keine Maschinen, eher black box.

Was heute gut war:

  • Ich habe per Mail Kontakt mit jemandem aufgenommen, den ich vor Jahren das letzte Mal gesehen und gesprochen habe – und eine gute Antwort bekommen.
  • Ich habe heute ein erfolgreiches Telefonat über fast zwei Stunden per WhatsApp geführt. Danke, N.
  • Ich habe mit meiner Arbeit etwas bewirken können – jemand ist aufmerksam geworden und hat mich per Mail kontaktiert und heute sogar angerufen.

 

Rites de passage – ziehende Tage

Die Tage ziehen wie die Autos auf der Straße vorbei, blinken in der Ferne auf, kommen allmählich näher, fahren vorbei – und entschwinden auf der anderen Seite. Während jedoch Autos ein Ziel haben, schließlich sitzt jemand in ihnen, lenkt, gibt Gas, bremst, fährt von irgendwo nach anderswo, haben die Tage kein Ziel, sie vergehen einfach.

Es gilt, einen Sinn zu finden. Warum mache ich das alles überhaupt? Ja, warum müssen wir Menschen als Menschen einen Sinn im Leben finden? Wir könnten doch einfach in den Tag hineinleben, so ähnlich wie es die Tierchen machen, die sich was zum Essen fangen, sich gegenseitig lausen und kraulen, und überhaupt die Tage einfach ziehen lassen. Ihnen ist – wenigstens fast – alles gleich-gültig.

 

Wer behauptet, Sinn des Lebens sei es, Dinge anzuhäufen, vergisst, dass die Dinge als solche keine Bedeutung haben, sie bekommen nur dann eine, wenn wir ihnen eine geben, welche es auch immer ist.

Ich hatte fast vergessen, wie erholsam Provinz sein kann. Alles geht einen Tacken langsamer, es sind deutlich weniger Menschen unterwegs. Keiner staunt, keiner sieht sich um, keiner fotografiert irgendwas. Hier gibt es ja einfach nichts, es ist gut so, wie es ist, von einer ausgesuchten Belanglosigkeit. Und genau das macht den Reiz aus. Ich sitze herum, gucke zu, was andere machen, gelegentlich guckt auch jemand zu mir und ich habe das Gefühl, gleich könnte jemand kommen, den ich noch von früher kennen könnte.

Auf dem Rückweg habe ich erst noch einen kleinen Umweg gemacht, Geld ausgegeben (das Ergebnis auf Twitter geteilt ;-)) und bin Straßenbahn gefahren, erst gemütlich in die eine Richtung, dann zurück, in eine andere Richtung und erst beim dritten Mal war es genug, jetzt nahm ich die Bahn, die in die richtige Richtung fuhr

Es ist entspannend, so ohne Ziel unterwegs. Und plötzlich meldet sich die lang vermisste Konzentration zurück.

Rites de passage – verschlossene Türen

Es gibt Türen, die sind zwar fest verschlossen, doch weil es noch einen Schlüssel zu ihnen gibt, lassen sie sich öffnen.

Morgen ist eine Beerdigung.

Diese Tür ist endgültig zu. Obwohl ich mit diesem Menschen schon lange nichts mehr zu tun habe, wir uns nur gelegentlich über den Weg liefen, fühlt es sich seltsam an, nicht nur, weil er gerade einmal zwei Jahre älter war.

Draußen ist es heute ein wenig frisch, heute morgen hat es geregnet. Damit bleibt mir das Gießen erspart. Die Innensicht ist so unterschiedlich von der Außensicht, das kannste dir gar nicht ausdenken…

Was sollen denn die Leute denken, hieß es früher. Was spielt es eigentlich für eine Rolle, wie mich die anderen sehen? Ich kann deren Sicht auf mich nicht selbst wahrnehmen, noch nicht einmal erfragen, bei den meisten Menschen jedenfalls. Schließlich spricht darüber niemand, oder doch, nur dann, wenn der Betreffende nicht dabei ist. Vor-Urteile zum verurteilen kommen dabei heraus. Es wird nur das beredet, was alles am Anderen missfällt, nicht etwa das, was jemand gut kann.

Der mystische Pfad ist die Reise der Seele von der Trennung zurück zur Vereinigung. Auf der Reise nach Hause sind wir auf der Suche nach unserer inneren Essenz, der kostbaren Perle, die in unserem Herzen verborgen liegt. Sagt Rumi. Na dann.

12 Bilder vom 12. August

Heute ist wieder der 12. und wie jeden Monat will die freundliche Blognachbarin, bei der es draußen nur Kännchen gibt, sehen, welche 12 Bilder wir den Tag über so gemacht haben. Daher: Bitte sehr.


Heute war ich am Vormittag mit meiner Arbeit fertig. Da war Gelegenheit genug, die Nase mal in eine neue Richtung zu stecken. Ich fuhr also – bin ja gerade in Kassel – nach Korbach Die Wolken hingen tief und auf Höhe Edersee fing es zu regnen an.
In Korbach selbst war es zunächst noch trocken. Es gibt hübsche Fachwerkhäuser:

An der Kirche wird gerade renoviert. Wer findet den Bauarbeiter bei seiner Siesta?

Noch mehr Fachwerkhäuser. Sie sind so, wie Fachwerkhäuser eben sind, krumm und schief:

Und ein Haus mit hübschem Eingang

Neben dem Rathaus wird gerade mit großem Gerät gebastelt.

Korbach ist ja Hansestadt. Außerdem gibt es hier Gold. Im Edersee und in den Zuflüssen könnte immer noch Gold gewaschen werden, aber es ist verschwindend wenig: Ein altes Bild zeigt, wie früher Gold aus dem Wasser gewaschen wurde.

Starben früher unverheiratete junge Menschen, wurde für diese ein solcher Kranz, manchmal sogar mit Briefen, in der Kirche aufgehängt. Zunächst hingen die Kränze einfach so da, später wurden sie in diese Kästen eingesperrt, in denen sie jetzt auch im Museum zu sehen sind.

Museumskleinkram

noch mehr Museumskleinkram. Ich mag so Zeug ja sehr.

Ein Schäferkarren. Viel Platz war da nicht drin…

Abschließend habe ich mir noch die Korbacher Spalte angeguckt. Spannend.

Rites de passage – Fassaden

Wir erhalten die alten Dinge, nennen sie Erbe, nennen sie Denkmal, denken aber nicht, warum diese Schönheit betörend wirkt, bauen Neues, glatte Fassaden, in der Hoffnung, dass an ihnen die Angst abrutscht, sie sich abwischen lässt. In ihnen wird die Wurzellosigkeit sichtbar, es fehlt das Verwurzelt-Sein, das Gegenüber, der Halt.

Ich bin dort, wo ich einst Heimat fand, für Jahre und es ist immer noch vertraut. Rechts und links neben den Straßen schmiegen sich die Hügel wie schlafende Tiere, die Räder des Autos erkennen jede altvertraute Bodenwelle, nehmen die immer noch gewohnten Kurven und im Haus am Stadtrand begrüßen mich die Katzen, als sei ich hier zu Haus.

Jetzt bin ich für zwei Wochen ihr Dosenöffner, Tablettengeber, Ohrmassierer und hoffe, dass sie bei der Wärme ein anderes Schlafplätzchen finden, nicht an meiner Seite liegen, bei 20 Grad des Nachts brauche ich noch kein Rheumafell im Rücken.

Was sonst?

Wer bestimmt eigentlich die Spielregeln, das Spiel, das, was gerade gilt und wenn ich Glück habe, weiß ich sogar, welches es ist. Die Regeln jedoch kenne ich nicht, ich taste mich vorwärts, stolpernd, irrend, das ganze Leben ist ein ständiger Versuch, ein Trial-and-Error. Woher nehmen die anderen die Sicherheit, sie wüssten, wer sie sind? Ich weiß es nicht – und kenne mich selbst nur annähernd, asymptotisch. Vielleicht ist mir daher die Mathematik lieber, die Regeln sind klar und führen zu eindeutigen Ergebnissen, meistens jedenfalls. Zu glauben, ich wüsste etwas vom Anderen, oder von mir ist ein Irrtum, und doch ist jeden Tag aufs Neue der Versuch. Interpretierend unterwegs lese ich die Zeichen, die Signifikate und Signifikanten, doch dort, wo ich glaube, ich hätte sie entziffert, ändern sie sich, wechseln die Farben, changieren. Heute gilt nicht mehr, was gestern noch sicher war und morgen ist es wieder anders.

Rites de passage – Splitter

Die Strahlen der Sonne liegen lange warm auf wimpernlosen Lidern, dringen in Glasaugen, bis sie tief im Innern Eis schmelzen, eine Kernschmelze. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin, wenn ich nur sein will, was andere von mir erwarten, ich optimiere mich auf Anweisung der Algorithmen. Sie bestimmen meinen Takt, meinen Tag, die Frequenz von Atem und Schlaf, gönnen mir unter dem Primat der Effizienz noch nicht einmal eine Pause zum Pinkeln.

Ich soll authentisch sein. Und lege mir eine Maske auf, eine, die sich anpasst, eng anschmiegt, so sehr mit dem Gesicht verwächst, dass sie nicht davon zu trennen ist. Das wirkliche Ich wage ich nicht zu zeigen.

Dabei war es Zeit für kleine Gesten, ein gemeinsames Lied vom Balkon, es war Zeit, hinter dem Trecker zu fahren, ganz gleich, ob jemand entgegenkommt oder nicht. Zeit, den Gesang der Vögel überhaupt wahrzunehmen.

Innen ist noch ein kleiner Kern.

Der Sonnenstrahl weckt ihn, lässt ihn wachsen – und plötzlich ist Optimierung nicht mehr so wichtig. Miteinander wertvoller als Qualität, selbst dort, wo mir der Nächste unbeholfen auf den Zeh tritt, weil er nicht mehr weiß, wie sich Tango tanzen lässt.

Ich weiß es doch auch nicht.

Es gibt einen Moment, in dem der Sonnenstrahl durch die brüchige Maske ins Auge trifft, aus grau bunt werden lässt.

Hoffen wir, dass dann noch Schmetterlinge tanzen.

Tagebuchbloggen am 5. August

War es der Kaffee, den ich gestern zu spät noch trank? Ich weiß es nicht. Die Nacht jedenfalls war kurz und für mich schon zu Ende, als die Dämmerung noch fern. Ist der Schlaf anderswo unterwegs, schaue ich zu, wie die Sterne über den Himmel ziehen und gelegentlich ein Auto mit seinem Scheinwerfer irrlichtert.

Als die Igel und Waschbären ihren nächtlichen Putz beendet hatten, stand ich schließlich auf, goß heißes Wasser über Kaffeepulver und begann mit dem Tagwerk, reihte Buchstaben, füllte Zeilen und Seiten.

Was machst du eigentlich den ganzen Tag, kurz: WMDEDGT, das will die freundliche Blognachbarin wissen und wie jeden Monat sitze ich und denke: Nichts. Irgendwie mache ich nichts. Ich sitze auf dem Stuhl, tippe mit den Fingern auf der Tastatur, aber es entsteht dabei nichts, was ich anfassen kann.

Gelegentlich nehme ich einen Schluck aus der Wasserflasche, es ist heiß, ja, vielleicht habe ich deswegen nur wenig Appetit und lasse das mit dem Essen, größtenteils jedenfalls.

Ich verpasse die Nachrichten, lasse die Welt nicht zu mir kommen, will nichts von dem wissen, was außen ist. Doch mir fällt etwas ein, ich blättere im Kalender und ja, da steht demnächst ein Termin, es ist zwar noch etwas Zeit, aber ich weiß ja nicht, was alles so dazwischen kommt. Ich weiß ja noch nicht einmal, was in der nächsten Stunde ist, nichts ist sicher, alles fließt und ich kann ja nicht zweimal in den gleichen Fluß steigen. Ob das für den See auch gilt? Hier schwimmen kleine Quallen und überholen mich fast. Oben ist das Wasser warm, unten kalt, es liegt in Schichten und ich rühre beim Schwimmen das Untere auf.

Die Sonnenstrahlen sind warm, doch ich habe vergessen, dass ein Bikini nass aus dem Wasser kommt. Und so fahre ich wieder, fahre dorthin, wo Tomaten und Mozzarella im Kühlschrank warten. Mehr mag ich heute nicht.

Alles für die Katz #104


Katzen unterwegs sind eine ganz eigene Spezies: Manche von ihnen suchen schnell das Weite, andere lassen sich überhaupt nicht beirren und ignorieren einfach alles um sie herum, fast scheinen sie in einer Parallelwelt zu leben, in der weder Menschen noch Autos oder überhaupt etwas außer anderen Katzen und Futter vorkommen. Kontakt nehmen jedenfalls nur wenige Katzen auf, ganz egal, ob ich sie mit „Miezmiez“, „Miauuu“ oder anderen Tönen locke. Ob sie in anderen Ländern auch in anderen Sprachen miauen?

alles_fuer_die_katz_logo_120x120Wer sich gerne am Projekt “Alles für die Katz” beteiligen möchte, kann das an jedem 1. des Monats machen. (Momentan habe ich mich dazu entschlossen, dass es „Alles für die Katz“ nur noch einmal im Monat gibt, jeweils am 1.)

Einfach den eigenen Beitrag im Kommentar verlinken: Und schon freuen sich alle Katzenfans über schöne Bilder. Das von Kerstin gestaltete Logo darf sich auch jeder mitnehmen und verwenden, der bei “Alles für die Katz” dabei ist. Klickt euch durch die Galerie der Katzen, streichelt ihnen über den Kopf, lasst euch auch einmal anfauchen – und sagt einfach denen, die sie fotografiert haben, wie schön ihre Katzen sind.

Rites de passage – Dunkelheit

Auch wenn es langsam dunkler wird, bleibt noch genügend Licht für Stift und Block, für Tastatur und Bildschirm sowieso. Ich weiß noch, wie ich das erste Mal allein in der Dämmerung nach Hause lief, aus dem Nachbardorf. Der Geburtstag der Freundin war vorbei, jede ging nach Hause, während die anderen jedoch in dem Dorf wohnten, musste ich ein Dorf weiter ziehen. Damals hatten die Eltern noch kein Auto, außerdem war es eher unüblich, dass Kinder abgeholt wurden, jedenfalls dann, wenn sie zu Fuß die Strecke selbst bewältigen konnten. Nachmittags war ich mit dem Schulbus gefahren, dem Verkehrsmittel, das die Verbindung zwischen den Orten hielt, doch am Abend war nichts und niemand unterwegs.

Der Weg an der Straße entlang war zwar – wenigstens innerorts – beleuchtet, doch deutlich länger. Ich entschied mich für die Abkürzung und ging am alten Bahndamm entlang, dort, wo schon lange keine Züge mehr unterwegs waren. Ich ging so schnell ich konnte, aber ich rannte nicht. Ich wollte rechtzeitig wissen, ob sich ein Unheil anpirscht, spitzte die Ohren, hörte die Mäuse unter den Büschen ebenso rascheln wie die Blätter. Auch wenn meine Fantasie viele gruselige Gestalten in den dunklen Schatten sah, ich konnte mir einreden, dass sie ja tagsüber auch nicht vorhanden, dass das, was ich jetzt in der Dunkelheit sah, nur Laub, Haselnussstecken und Grasbüschel waren.

Es hat funktioniert. Und es funktioniert bis heute.

Weil niemand für mich die Spinnen verjagt, muss ich es selbst erledigen, ganz gleich, wie sehr sie sich beschweren.

Daher habe ich heute nach Online-Meeting, Texten und einem Würstchen zum Mittag wieder ein Regal von Staub und anderen überflüssigen Dingen befreit. Es wird luftig, leicht, plötzlich ist Platz – und mir rücken die Dinge nicht mehr so auf die Pelle.

Im Licht kann der Staub leicht tanzen.